Weekly assisted power training

    Unsere Muskeln sind noch viel wichtiger als angenommen. Daher ist es besonders ab 40+ erforderlich diese zu belasten: Idealerweise 2 x 30 Minuten pro Woche Krafttraining und ausgedehnte Spaziergänge am Wochenende bzw. auch unter der Woche so viel wie möglich zu Fuß erledigen.  

Empfehlung: Ab 40 Muskeln stark belasten

Sport ist gesund – das weiß jeder. Welche Rolle dabei das muskuläre System im Körper spielt, ist Gegenstand zahlreicher Forschungen. Der Muskelaufbau verändert sich im Laufe des Lebens. Training ist vor allem im Alter wichtig Wer schon einmal mehrere Minuten für ein Foto dauerlächeln musste, weiß, wie anstrengend das ist. Kein Wunder, denn wir benötigen dafür 43 Muskeln. Gedanken über unsere Muskeln machen wir uns aber meist erst dann, wenn etwas nicht stimmt: wenn sie nach ungewohnten Anstrengungen schmerzen oder wir uns nach strammeren Körperkonturen sehnen. Dabei formen, stützen und bewegen sie uns nicht nur: Muskeln halten uns auch gesund. “Früher haben wir Muskeln isoliert betrachtet. Heute wissen wir, die gesamte Muskelmasse ist ein Organ, das mit allen anderen Organen des Körpers kommuniziert”, sagt Barbara Wessner vom Institut für Sportwissenschaft der Universität Wien. Als Forscher vor zehn Jahren entdeckten, dass Muskeln hormonähnliche Botenstoffe, sogenannte Myokine, produzieren und auf diese Weise Gehirn, Herz, Fettgewebe und Immunsystem beeinflussen, war das eine Sensation. “Damit war eine Erklärung gefunden für die vielfältige, positive Wirkung von Bewegung”, so Wessner.[…]  

Botenstoffe am Werk

Das erste Myokin, das entdeckt wurde, war Interleukin 6 (IL-6). Es fördert die Aufnahme von Zucker in die Muskelzelle, fördert Fettverbrennung und wirkt entzündungshemmend. Beim Sport kann die Konzentration von IL-6 um das Hundertfache im Blut ansteigen. Aus diesem Grund wirkt Sport einerseits vorbeugend, anderseits als Therapie bei Erkrankungen wie Übergewicht oder Diabetes Typ 2. Bei diesen Leiden finden sich dauerhaft leicht erhöhte Entzündungswerte im Blut, was die Blutgefäße schädigen kann und das Risiko für Herzinfarkt und Krebs erhöht. “Wer körperlich aktiv ist und seine Muskeln fordert, setzt Stoffe frei, die sich positiv auf den Zucker- und Fettstoffwechsel auswirken und vor chronischen Entzündungen schützen“, sagt Wessner.  

Wachstum anregen

Überraschender war die Erkenntnis, dass Muskeln und ihre Botenstoffe offenbar auch das Gehirn beeinflussen: BDNF (Brain-derived neurotrophic factor) etwa regt das Wachstum neuer Nervenzellen und Synapsenverbindungen im Gehirn an. Forscher vermuten, dass dieser Mechanismus für das Wohlgefühl nach einem anstrengenden Training mitverantwortlich sein könnte – und auch manche psychische und neurodegenerative Erkrankung lindert: “Bei Depressionen wirkt Sport ähnlich gut wie Medikamente“, sagt Christoph Handschin vom Biozentrum der Universität Basel. [..] Die Compliance, also die regelmäßige und dauerhafte Teilnahme an einer sportlichen Aktivität, ist aber nicht nur für Depressive eine große Herausforderung. “Einige Menschen haben auch Spaß an Schinderei, aber die meisten müssen sich überreden, denn Sport ist anstrengend”, sagt Wessner. Weswegen Spaß am Sport eine Voraussetzung ist für dauerhaften Erfolg.  

Aufblasen und schrumpfen

Generell gilt: Wer tüchtig trainiert, wird belohnt. Denn Muskeln sind ungeheuer anpassungsfähig: So kann konsequentes Krafttraining einen Muskel auf das Doppelte oder Dreifache vergrößern. Bei Nichtgebrauch hingegen, etwa bei einem Krankenhausaufenthalt, schrumpfen sie innerhalb von zwei Wochen um 20 Prozent. “Auch der Abbau ist ein aktiver Prozess”, so Handschin. Was sich mit unserer Evolution erklären lässt: Muskeln sind teuer, sie kosten den Körper mehr Energie als Fett- und Bindegewebe. Deswegen unterhält dieser immer nur so viele Muskeln, wie tatsächlich auch genutzt werden, um ja keine Energie zu verschwenden – denn die längste Zeit unserer Stammesgeschichte war Nahrung ein knappes Gut. Wer keine Muskeln abbauen möchte, muss sie also nutzen. Das gilt umso mehr, je älter man wird. Denn ab 35 beginnt der natürliche Abbau der Muskulatur, ab 60 beschleunigt er sich noch einmal. Verliert jemand übermäßig viel Muskelkraft und -masse im Alter, sprechen Ärzte von Sarkopenie. Fast die Hälfte aller 80-Jährigen ist davon betroffen mit zum Teil gravierenden Folgen: Wer keine Treppen mehr laufen kann und Schwierigkeiten hat, die Einkaufstasche zu tragen, verliert seine Mobilität und nicht zuletzt seine Selbstständigkeit.  

Muskelabbau verlangsamen

Die genauen Ursachen des altersbedingten Muskelabbaus sind unklar, wahrscheinlich spielt die hormonelle Umstellung eine Rolle. Aufhalten lässt sich der Prozess nicht, aber durch Krafttraining verlangsamen. Das Alter spielt dabei eine untergeordnete Rolle, denn Muskeln lassen sich auch mit 90 noch kräftigen – vorausgesetzt, man ist gesund. “Das Motto zum Muskelerhalt sollte heißen: ‘Je oller, je doller.’ Ich empfehle immer, je älter man wird, umso höhere, schwerere Belastungen sollte man seinen Muskeln bieten. Muskeln im Alter zu schonen hat nämlich überhaupt keinen Sinn”, sagt Ingo Froböse, Leiter des Zentrums für Gesundheit durch Sport und Bewegung der Deutschen Sporthochschule Köln. “Täglich 10.000 Schritte und zweimal die Woche Krafttraining sind ideal”, so Wessner, denn die Mischung aus Kraft- und Ausdauertraining stärkt unterschiedliche Muskeleigenschaften. Beim Krafttraining muss sich der Muskel wenige Male sehr stark anstrengen. Bei einem zweistündigen Spaziergang hingegen arbeitet der Muskel länger, wird aber weniger beansprucht. […]   Verkürzt aus: Der Standard, Juliette Irmer, CURE, 28.8.2017

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